Die Forderung zu „Virtual Collaboration“, also der On-Line-Zusammenarbeit, ist für manche Manager, Führungskräfte, Team- und Projektleiter die Herausforderung schlechthin. Man könnte auch sagen, eine Zumutung. Woher so schnell das nötige Know-how nehmen und nicht stehlen?
Was viele Unternehmen und Teams seit Jahren anstreben, doch worin wir Deutschen – mag man einigen Studien Glauben schenken – Schlusslicht sind: „Virtuelle Arbeit“.
Und nun ist es für viele Unternehmen quasi über Nacht Wirklichkeit geworden: Wer seine Arbeit aufrecht erhalten will, der wird dies zum überwiegenden Teil von zu Hause aus tun. Und dabei gab es keine Zeit, sich adäquat auf die Veränderung vorzubereiten. Autsch! Worauf es jetzt ankommt und was Sie tun können:
Vertrauensarbeit – jetzt erst recht!
Hand aufs Herz: Für viele Führungskräfte fängt der Schreck bereits dort an, wo Sie Ihre Mitarbeiter*innen nicht mehr kontrollieren können. Was weiß ich, was die Mitarbeiter*innen nun zu Hause tun und wie effektiv sie das tun? Klar, Vertrauensarbeitszeit und generell Vertrauen ist schon lange, wenn nicht schon immer, ein Thema in Unternehmen. Doch nun fallen Routinen wie das tägliche „Stand-Up“ (ein Meeting im Stehen für 10 Minuten, bei dem es darum geht, zu besprechen, was gerade läuft) weg – zumindest vor Ort.
Vertrauensarbeit ist nun die einzige Möglichkeit. Ich habe ja im Home-Office nur wenig bis keine Handhabe darüber, was die Mitarbeiter tun. Macht nix! Gerade das ist eine wunderbare Möglichkeit, den Mitarbeitern die Freiheit zu gewähren, die viele schätzen und gleichzeitig die Ergebnisse zu bekommen, die man sich als Führungskraft wünscht.
Wie kann das gelingen?
Vereinbaren Sie doch einen täglichen „Status-Call“ mit ihren Team-Mitarbeitern. Jeden Tag zu einer festgelegten Zeit eine Telefonkonferenz, in der die wichtigsten Dinge besprochen werden.
Ein Leitfaden dafür könnte sein:
- Was habe ich gestern gemacht?
- Gab es dabei etwas, was mich überrascht hat, das alle wissen sollten?
- Was habe ich für heute geplant?
- Gibt es etwas, bei dem ich mir Unterstützung wünsche /Austausch brauche?
Der Reihe nach beantwortet nun jedes Teammitglied diese Fragen. Idealerweise können die To-Dos gleich virtuell festgehalten werden, so dass transparent ist, was geplant ist, was gerade in der Mache ist und was bereits erledigt wurde (mehr dazu im nächsten Kapitel). Die „Magic“ an diesem Vorgehen ist, dass nun tatsächlich ein gewisser „Kontrollwunsch“ einer Führungskraft befriedigt werden kann, denn es ist ja täglich jeder dazu angehalten, zu berichten, was gelaufen ist. Es fällt schnell auf, wenn jemand aus dem Team mehrmals keinen Fortschritt vorweisen kann. Nun kann gemeinsam an Lösungen gearbeitet werden.
Tools:
Für solche Online-Calls eignet sich etwa die Software „Zoom“ oder „Skype“, auch „Team-Speak“ ist manchen bekannt.
Transparenz – ein absolutes Muss!
Das zweite wichtige und häufig ungeliebte Thema: Transparenz. Auch schon immer wichtig. Team-Mitglieder sollen so schnell wie möglich an wichtige Informationen kommen können und auch ihre Ergebnisse für alle transparent zugänglich machen. Jetzt in Zeiten von Heimarbeit unumgänglich!
Jedes Teammitglied muss wissen, was gerade gemacht wird, von wem, wie das Ergebnis aussieht etc. um gegebenenfalls darauf aufbauen zu können.
Tipps:
Ich verwende für meine virtuelle Teamarbeit zwei zentrale Werkzeuge, um Arbeit und Arbeitsergebnisse transparent zu machen: Ein Scrum- oder Kanban-Board und ein Wiki.
Scrum-Board
Ein einfaches Scrum-Board hilft mir bereits, einen guten Überblick darüber zu haben, was gerade von wem gemacht wird. Ein solches Board kommt in der Regel mit drei Spalten aus: To-Do | Doing | Done. In jede Spalte werden nun Zettel gehängt, auf denen die jeweilige Tätigkeit genau beschrieben steht. Je nach Verfahren wird dann festgelegt, wer die Arbeit tut oder es können sich je nach Kapazität die Teammitglieder die Arbeiten selbst nehmen und sich als Ausführende auf dem Zettel eintragen.
Beispiel:
Ich notiere auf einen Zettel „Blogbeitrag zum Thema virtuelle Teamarbeit verfassen“, weil ich meine, dass das getan werden sollte. Danach hänge ich diesen Zettel in die „To-Do-Spalte“ meines Boards. Wenn ich nun anfange den Beitrag zu schreiben, hänge ich den Zettel in „Doing“ und schreibe meinen Namen auf den Zettel. So weiss jeder, aha, der David arbeitet gerade an diesem Blogbeitrag. Bin ich fertig, schiebe ich den Zettel in „Done“ und alle können sehen, ah, er ist fertig!
Dann ist es entscheidend, dass die Teammitglieder, die gegebenenfalls mit der Aufgabe weiter arbeiten, wissen, wo sie mein Ergebnis finden. Dafür verwende ich oft ein einfaches Wiki oder ein gemeinsames Laufwerk, auf dem alle Ergebnisse strukturiert abgelegt werden können.
Ich lege meinen Text also, beispielsweise als Word-Dokument, in einen geteilten Ordner. Dieser kann im Ticket (auf dem virtuellen Zettel) verlinkt sein, so dass ihn jeder leicht finden kann. Ich erstelle dann eventuell, nach Abschluss meiner Arbeit, ein neues „Ticket“. Das ist ein neuer Zettel und schreibe darauf: „Blogartikel virtuelle Teamarbeit von David publizieren im MODERATIO-BLOG“. Diesen Zettel hänge ich in die Spalte „To-Do“. Jeder, der nun Zeit hat und Zugang zum Blog kann den Artikel nun publizieren. Natürlich könnte auch ich diese Aufgabe auch gleich selber angehen, usw.
So schaffe ich optimale Transparenz im Team über das, was gerade läuft. Am folgenden Tag im 10-Minuten-Meeting am morgen kann ich davon berichten, und alle sind auf dem aktuellen Stand.
Ideal ist es, wenn ich einmal pro Woche oder jede zweite Woche, ein einstündiges Meeting einberufe, bei dem ich jedem die Möglichkeit gebe, alle seine Zettel in der Spalte „Done“, also „erledigt“, nochmal vorzustellen. So ist sichergestellt, dass jeder zu jeder Zeit über alles was „erledigt“ ist, Bescheid weiß.
Tools:
Es gibt zahlreiche auch kostenlose Softwarelösungen für Kanban- oder Scrum Boards. Die bekanntesten bietet sicher Atlassian mit „Trello“ oder „Jira“. Atlassian bietet sogar ein Wiki namens Confluence, das mit Ticktets aus Jira verbunden werden kann. Die Softwarelösungen am Markt sind sehr vielfältig.
Virtuelle Meetings
Online-Meetings sind ebenfalls nicht neu, doch meist stiefmütterlich behandelt. Nicht jeder hat sich bisher die Mühe gemacht, eine professionelle Ausbildung dazu zu absolvieren. Nun, da die Meetings länger, die Teilnehmer mehr und die Themen mit unter sehr wichtig werden, bekommen manche ein flaues Gefühl im Magen. Es helfen jedoch bereits ein paar Tipps, Online Meetings professionell zu gestalten, wie ich im letzten Artikel (siehe: http://blog.moderatio.de/on-line-meetings) beschrieben habe. Weitere Tipps, um sich als Team, in diesen distanzierten Zeiten, nicht aus den Augen zu verlieren haben wir in einem eigenen Artikel zusammengetragen: http://blog.moderatio.de/naehe-auf-distanz.
Tools:
Software-Lösungen für virtuelle Meetings gibt es zahlreiche im Internet zu finden. Die meisten bieten VoIP und Chat, sowie Screensharing und Präsentieren als Features. Ein Haupt-Feature das mir als Moderator dabei meist fehlt ist die Möglichkeit etwas live zu visualisieren, also Themen, Fragen, Antworten, Probleme und Lösungen wie Maßnahmen aufzuschreiben. Mir hilft hier meist ein parallel geöffnetes Google-Docs oder Google-Slides Dokument, in dem ich die Besprechungsthemen zunächst notiere, dann pro Thema das, was besprochen wird und am Ende die nächsten Schritte, die Maßnahmenplanung.
Ständig im Kontakt sein: Echte Zusammenarbeit auf Distanz
Die letzte Herausforderung besteht nun darin, über das, was man tut in ständigem Austausch zu sein. Der sogenannte Flurfunk, soll bei der Heimarbeit genauso wenig auf der Strecke bleiben, wie die bilateralen Absprachen während der Arbeit.
Für mich hat sich ein einfacher Chat dabei stets gut bewährt. Viele Chat-Tools bieten die Möglichkeit, mehrere Chaträume zu öffnen. So gibt es neben den „One-to-One“ Chats, in denen ich mich wie via WhatsApp und Co. mit einer Person austausche auch die Möglichkeit, Gruppenräume zu eröffnen. Auch dies bietet WhatsApp beispielsweise. Drei Kanäle haben sich für mich hier in der Regel bewährt: Ein Chat-Room für alles, was „arbeitsbezogen“ passiert. Dieser Kanal könnte „Work“ heißen oder den Namen des Projektes tragen. Ein zweiter Kanal heißt bei mir in der Regel „Off-Topic“. Hier kann alles gepostet und besprochen werden, was vielleicht interessant ist, jedoch nicht zwingend etwas mit dem Thema zu tun hat oder gerade nicht. Also etwa der Hinweis auf eine tolle Doku, die am Abend im Fernsehen kommt etc. In einem dritten Kanal werden alle konkreten Fortschritte ohne Unterhaltung dazu gepostet, also da würde etwa stehen: „David gestartet: Blogbeitrag virtuelle Arbeit verfassen“ und wenn ich fertig bin würde da stehen: „David fertig: Blogbeitrag virutelle Arbeit verfassen“. Manche Tools bieten es an, das Scrum-Board mit einem Chat-Kanal zu verbinden, sodass diese Infos automatisch laufen. So muss ich, wenn ich auf ein Ergebnis warte, nur diesen Channel im Blick haben, niemanden stören und auch nicht dauernd auf das Scrum-Board schauen.
Tools:
Wie angesprochen eignet sich WhatsApp. Sicherer von den Daten her ist vermutlich „Signal“. Daneben gibt es größere, gerade für virtuelle Arbeit ausgelegte Software wie „Slack“ oder „HipChat“.
FAZIT
Wenn Sie diese vier einfachen Vorgehensweisen gekonnt eingeführt haben, dann haben Sie bereits einen großen Schritt in Richtung virtueller Teamarbeit gemacht. Wenn Sie dennoch nicht so genau wissen, wie und womit Sie am besten starten sollen, so stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Seite!
Ich wünsche Ihnen eine gelungene Teamarbeit im Home-Office!
Ihr,
David Seifert
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