Die Kraft interaktiver Veranstaltungen

Kongresse, BarCamps, Zukunftswerkstätten & Co: mehr denn je sind Events die „Live-Höhepunkte“ im digitalen Strom unserer Zeit…“  (Zitat Zukunftsinstitut)

Aktive Teilnehmer statt passiver Zuhörer – das ist das Diktat vieler moderner Live-Veranstaltungen. Was nach einer einfachen Formel klingt, ist für die Moderation eine echte Herausforderung. Entscheidend ist, dass das Design einer Veranstaltung auch zulässt, was in der Moderation verwirklicht werden soll. Nicht selten beraten wir unsere Kunden daher schon in der Planungsphase eines Events. Unsere Expertin Bettina Kerschbaumer teilt hier einige Gedanken und Tipps dazu:

Warum überhaupt Publikumsbeteiligung?
Der Wunsch nach Interaktion kommt nicht von ungefähr. Denn nicht nur für den Teilnehmer steigt die gefühlte Veranstaltungsqualität enorm, wenn er/sie in das Veranstaltungsgeschehen eingebunden ist. Auch der Veranstalter profitiert in hohem Ausmaß von einem „Miteinander“ mit dem Publikum, zeigt er doch damit seinen Teilnehmer*innen: „Du bist wichtig“.
Kurzum:  es gilt den Besucher zum echten „TEILnehmer“ zu machen – vom Zuhörer zum aktiven Mitgestalter.

Entscheidend: das richtige Eventdesign
Aber Vorsicht! Interaktion und Publikumsbeteiligung sind kein Selbstzweck! Der Funke zündet nur, wenn klar ist, wozu das passiert. Daher beginnt die Frage nach möglichen Interaktionsmethoden schon bei der Zielsetzung der Veranstaltung und der Frage, wie die Aktivierung der Teilnehmer*innen zum Ziel beitragen kann. Wir unterscheiden zwei große Themenbereiche der Interaktion mit einem Publikum bzw. mit großen Gruppen:

Reflexion, Transfer & Vernetzung
Ein Publikum soll die dargebotenen Inhalte einer Veranstaltung für sich reflektieren, in den eigenen Alltag transferieren, durch Austausch einen „Blick über den Tellerrand“ machen, etc. In diesem Fall sprechen wir von Reflexions- bzw. Transfermethoden. Zum Beispiel: Im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema Gesundheitsreform soll das Publikum auch seine Erfahrung mit dem Gesundheitswesen einbringen. Oder: bei einem Umweltkongress will man sichtbar machen, aus welchen Branchen die Gäste kommen und will diese Menschen untereinander vernetzen. Oder: Ein Controller-Kongress will seine Besucher zu einem fachlichen Austausch zu einem der präsentierten Themen anregen.

Partizipation
Hier wird das Publikum um inhaltliches Feedback gebeten oder arbeitet an einer ganz konkreten Fragestellung, deren (gemeinsames) Ergebnis für die Zeit nach der Veranstaltung relevant ist. Die Teilnehmer krempeln sozusagen die Ärmel hoch und packen selbst mit an. Z.B. sollen die Mitarbeiter einer Industriebäckerei das neue Produktsortiment mitgestalten dürfen. Oder: die Trainer*innen einer großen Erwachsenenbildungseinrichtung sollen ihre Ideen einbringen, wenn es um die Gestaltung der neuen Seminarräume geht. Oder: auf einem Kongress der Verkehrsbetriebe soll über das Potential eines Ess-Verbotes in Öffis diskutiert werden.

Menschen in Bewegung bringen
Beide Vorgänge haben ganz unterschiedliche Ansätze – gemeinsam haben sie jedoch, dass sie große Gruppen von Menschen „in Bewegung“ bringen. Und: dass der Dialog mit diesen vielen Menschen dennoch strukturiert und nachvollziehbar abläuft. Je nach Veranstaltungsziel sind jetzt kleinere oder größere Interventionen gefragt, ein paar davon haben wir beispielhaft hier für Sie dargestellt:

Sitzordnung und Raumgestaltung
Es mag banal klingen aber schon die Sitzordnung trägt enorm zum Interaktionsverhalten der Menschen bei. Beobachten Sie sich selbst: in einer Veranstaltung mit Kino-Bestuhlung fühlt man sich doch deutlich „einsamer“, als wenn man zu viert oder zu sechst an Tischen sitzt. Diese Form der Sitzordnung lässt auch einen schnellen Austausch zu den vorgetragenen Themen zu – Vernetzung und Transfer inklusive. Die Facetten der Raumgestaltung sind vielseitig: Neben den Fragen der Bestuhlung können auch noch anderen Dimensionen überlegt werden: Musik? Dekoration? Licht? Wo und wie finden die Pausen statt? Wir haben in den letzten Jahren viel ausprobiert und sind überzeugt: Die Auseinandersetzung mit diesem Thema lohnt sich 😊

Podium, TownHall, Fish Bowl & Co.
Aber auch das Bühnensetting ist entscheidend: eine Podiumsdiskussion braucht nicht unbedingt ein Podium. FishBowl- und TownHall-Formate tragen dazu bei, dass die Referenten „auf Augenhöhe“ mit den Gästen kommen und die Verbindung zum Publikum damit von Beginn an eine andere Qualität bekommt. Übrigens: es muss nicht immer nur eine Bühne geben. 2 einander ergänzende „Bühnen“ können sehr zur Dynamik eines Events beitragen. Das heißt nicht, dass der Veranstalter eine komplette 2. Bühne bauen muss – oft reicht es, wenn die Vorträge von der (Haupt-) Bühne kommen, die Diskussion aber z.b. im FishBowl-Setting stattfindet.

Stimmungsbilder
Sichtbar zu machen, wie das Publikum zu bestimmten Fragestellungen steht, ist der erste wichtige Schritt zur Kontaktaufnahme. Das kann mit der bewährten Methode des Handzeichens geschehen, oder mit soziometrischen Aufstellungen im Raum. In den letzten Jahren haben wir auch viel mit digitalen Tools experimentiert und können sie wärmstens empfehlen. Vielen funktionieren mittlerweilen sehr zuverlässig und bringen coole Abwechslung in das Event-Geschehen.

Was das Publikum bewegt
Die inhaltliche Einbindung des Publikums von Beginn an ist ein wahrer Energy-Boost für jede Veranstaltung und kennt viele Facetten: das Sammeln der „heißesten“ Fragen, die gerade zum Thema im Raum sind kann z.B. mit der Methode „Hot Questions“  umgesetzt werden und auch auf dem digitalen Sektor gibt es da schon einiges – hier einer unserer Lieblinge: slido.com

Wenn die Gäste miteinander…
Wie oft erlebt man immer noch, dass die Vernetzung der Teilnehmer den Kaffeepausen überlassen wird. Und da stehen dann prompt die zusammen, die sich ohnehin schon kennen. Teilnehmer*innen, die noch niemanden kennen, sind oft ratlos, wie sie sich mit anderen bekannt machen können und flüchten gerne in die anonyme Sicherheit ihrer Smartphone-Mailbox.

Schade. Denn für viele Konferenzbesucher steht das „Networking“ und die „neuen Kontakte“ ganz oben auf der Wishlist, und gerade das bleibt bei vielen Veranstaltungen dem Zufall überlassen. Je nach Zielsetzung der Vernetzung kann ein gut durchdachtes Eventdesign dem Zufall hier auf die Sprünge helfen. Die Methoden heißen: Speed Dating, Diversity Bingo, Topf sucht Deckel & Co.  

Und es geht noch mehr
Manche Konferenzen gehen noch einen Schritt weiter und wünschen sich Feedback zu gewissen Themen oder sogar die konkrete Mitarbeit beim Einbringen von Ideen oder Lösungsansätzen. Und auch das ist möglich. Mit einem durchdachten Konzept und Methoden wie der „Ampel-Methode“, „Fast Networking“ oder einem gut gemachten World Cafe ist die „kollektive Intelligenz“ nicht mehr aufzuhalten.

Formate auch mal anders denken
Häufig erleben wir den Wunsch von Veranstaltern, das gesamte Veranstaltungsformat „mal anders“ zu machen. Hier bringen wir gerne unsere Erfahrungen mit Formaten wie BarCamp, Open Space oder Zukunftswerkstätten ein und nicht selten ist aus dem Mix dieser Erfahrungen auch schon mal ein ganz individuelles – auf die Zielsetzung des Kunden maßgeschneidertes – Event geworden.

© MODERATIO 2019, dieser Text wurde teilweise bereits veröffentlicht in managerSeminare