Leitbild-Entwicklung

Das Leitbild eines Unternehmens, einer Organisation, ist dessen Dokumentation über ihr Selbstverständnis. Es definiert das SOLL und beantwortet Fragen, wie etwa:

  • Wofür stehen wir? Was streben wir an?
  • Durch welches konkrete Tun werden unsere Grundwerte sichtbar?
  • Welchen Beitrag leisten wir zur Erhaltung unserer Umwelt?
  • Wie möchten wir unser Miteinander ordnen? Wie soll bei uns geführt werden?
  • Wie sehen wir unser Zusammenwirken mit unseren Kunden? Wer soll Kunde sein?
  • Welchen Nutzen wollen wir unseren Kunden bieten? Wodurch wollen wir unsere Kunden begeistern?

Zu den Funktionen des Leitbildes gehört die schriftliche Verankerung der obersten Werte-Ebene eines Unternehmens, der Werte also, denen sich die Unternehmensführung verpflichtet sieht. Es stellt eine Selbstverpflichtung dar und hat eine „Kompassfunktion“ für die gelebte Unternehmenskultur. Es gibt Halt und Orientierung, trägt zur Geschlossenheit bei, motiviert und stärkt das Wir-Gefühl in der Organisation. Es ist Führungsinstrument und hat Orientierungsfunktion für Führungskräfte und Mitarbeiter. Es prägt das Ansehen nach außen mit und kann nicht zuletzt den Sympathiewert des Unternehmens deutlich erhöhen.

Zur Entwicklung eines Leitbildes müssen die Stakeholder in die Entwicklung einbezogen werden um mit dem Ergebnis etwas anfangen zu können! Entweder die Stakeholder werden in die Entwicklung aktiv einbezogen oder das Ergebnis wird in geeigneter Form kommuniziert. Andernfalls läuft man Gefahr, dass niemand „etwas damit anfangen“ kann und das Leitbild ist das Papier nicht wert, auf das es gedruckt wird. Ein gut gemachtes Leitbild wurde solide erarbeitet und beinhaltet eine Aussage zu Mission und Vision und ist Basis für konkrete, strategische Maßnahmen und den Kulturentwicklungsprozess der Organisation. Damit das Leitbild mehr wird, als „das Wort zum Sonntag“, ist das Entscheidende die aufrichtige Einbindung der Stakeholder und der Plan zur Realisierung.

Methodisch können klassisch zwei Wege beschritten werden:

  • Es wird „top-down“ gearbeitet. Dies bedeutet, dass – in aller Regel durch das Management sowie Fach- und Führungskräfte – in einer Expertengruppe das Leitbild schnell entstehen kann. Das bedeutet auch, dass später viel Energie zur Umsetzung aufgebracht werden muss.

  • Es wird „bottom-up“ gearbeitet. Das bedeutet, dass frühzeitig möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon zu Anfang einbezogen werden und dadurch viel mehr Zeit und Raum zur Erstellung nötig werden – die gemeinsame Erarbeitung erleichtert jedoch die spätere Umsetzung.

Zur Leitbildentwicklung gibt es kein Standardverfahren. Werkzeuge und Bestandteile einer Leitbildentwicklung können sein: Management-Klausur, Führungskräfte-Forum, Mitarbeiter-Konferenz, Tiefeninterview, Redaktionsteam, Workshop, Großgruppen-Veranstaltung …

Wir empfehlen daher, abhängig von der Art, der Größe und der Struktur der Organisation, einen Prozess zu entwickeln und zu moderieren, der geeignet ist, die Zielsetzung des Managements für die Organisation zu erreichen. Der erste Schritt wird sicher sein, die exakte Zielsetzung zu definieren und relevante Fragen zu entwickeln um zu klären, zu welchen Bereichen das Leitbild Auskunft geben und Orientierung sein wird.


© 2020, Josef W. Seifert, MODERATIO

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Das Prinzip „Purpose“

Die Werte und Grundannahmen als Bezugspunkte im Geschäftsleben verändern sich rapide. Profitstreben allein legitimiert nicht mehr. Unternehmen müssen glaubhaft machen, dass sie zur positiven Entwicklung der Gesellschaft beitragen. Mitarbeiter und Kunden fragen immer häufiger und immer hörbarer nach dem Sinn und Zweck der Organisation, nach der Notwendigkeit für ihr Bestehen und ihrem Beitrag. Unternehmen brauchen eine glaubwürdige und transparente Vision als Bezugspunkt für ihr Handeln.

Eine Vision ist eine Beschreibung eines – aus Sicht des Vortragenden – erstrebenswerten Zustands. Sie liegt zwischen Ziel und Utopie, man könnte sie eine „realistische Utopie“ nennen. Sie beschreibt einen Zustand, dessen Erreichbarkeit zwischen ambitioniert und unrealistisch liegt. Eine gut formulierte Vision gibt den Mitarbeitern Orientierung und erzeugt einen Sog in die intendierte Richtung. Zudem gibt sie den Kunden Auskunft darüber, wohin sich das Unternehmen zu bewegen beabsichtigt.
Als handlungsorientierte Formulierung („Unser Bestreben ist es …“) beschreibt eine Mission, quasi die Rückseite ein und derselben Medaille den Teil, den die Organisation zur Erreichung der Vision zu leisten beabsichtigt und dient damit als Basis für unternehmerische Grundsatzentscheidungen und Zielsetzungen, zur Strategieentwicklung und operativen Langzeitplanung. Darüber hinaus kann sie Richtschnur zur Formulierung von Unternehmensleitbild und Führungsgrundsätzen sein.

Für MODERATIO gilt:

Gesellschaftliche Vision
Unternehmen und Organisationen verstehen sich als Dienstleister, sowohl für ihre Kunden als auch für ihre Mitarbeiter. Veränderungsprozesse in Unternehmen und in der Gesellschaft insgesamt erfordern die Einbeziehung der betroffenen Menschen, nur so entstehen durch aktives Mitgestalten am Ende tragfähige Entscheidungen. Dazu werden Gruppengespräche unterschiedlicher Formate genutzt, Meetings, Workshops, interaktive Großgruppenveranstaltungen. Diese sind charakterisiert durch Kommunikation auf Augenhöhe und konsensorientiertes Vorgehen. Das führt dazu, dass durch den Austausch im Dialog, die Vernetzung der Beteiligten und die Verständigung zwischen unterschiedlichen Kulturen die Potentiale gehoben werden, die nur aus der Vielfalt möglich sind.

Unternehmerische Vision
MODERATIO gehört zu den führenden Beratungsunternehmen für Veränderungsbegleitung sowie Qualifizierung in Prozessberatung und Moderation. Bei MODERATIO erhält der Kunde alles zum Themenkomplex Businessmoderation, von Beratungs- und Moderationsleistungen über Ausbildungen und Coachings bis hin zu nachhaltiger Ausstattung und Verbrauchsmaterial. MODERATIO ist für seine Kunden „Teil der Lösung“ bei der Bewältigung von Veränderungsaufgaben.

Wenn jemand an Moderation denkt, fällt ihm zuerst MODERATIO ein!

New Work auf Augenhöhe

von Josef W. Seifert

Im Kontext der New Work Diskussion ist viel die Rede von der sogenannten Augenhöhe. Was aber soll das sein, Augenhöhe? Was kann man sich darunter vorstellen? Wie kann man sie herstellen? Und wozu eigentlich?

Die Definition nach Duden „auf [gleicher] Augenhöhe (gleichberechtigt, gleichwertig: [mit jemandem] auf Augenhöhe verhandeln, diskutieren, verkehren)“ erklärt nicht wirklich, was mit dem Begriff gemeint sein könnte. Bedeutet „gleichberechtigt“, dass beide gleichermaßen berechtigt sein müssen, was auch immer zu beurteilen, zu entscheiden, zu tun? Meint „gleichwertig“, dass beide denselben Wert haben oder dass ihre Argumente dasselbe Gewicht haben? Können denn ein Meister und sein Schüler, ein Fachexperte und ein Kunde, ein Geschäftsinhaber und sein Mit-Arbeiter auf Augenhöhe mit einander sprechen, obwohl sie ja faktisch auf ganz unterschiedlichen Wissens- und/oder Berechtigungsniveaus sind?

Legt man gleichberechtigt und gleichwertig (was auch immer das im Einzelnen bedeuten soll) als Bedingung für „Augenhöhe“ zugrunde, müsste man in Anlehnung an Gregory Bateson und seinen Schüler Paul Watzlawick, kommunikationstheoretisch begründet, sagen: Augenhöhe gibt es nicht. Es gibt nun einmal symmetrische (auf Gleichrangigkeit basierende) und komplementäre (auf Ergänzung basierende) Beziehungen.

Zudem gilt: Gleichberechtigung kann nur als niemals zu erreichendes Ideal, als Vision verstanden werden, der wir – immer wieder neu – versuchen sollten, so nah wie möglich zu kommen. Sie taugt aber nicht als generelle Regelung. Bei einem Feuerwehreinsatz können nicht alle Anwesenden gleichbe-recht-igt sein. Rechte und Pflichten sind immer situations- und personenbezogen.

Die Forderung nach Gleichwertigkeit ist ebenfalls nicht unproblematisch: Menschen haben immer denselben Wert. Jeder Unterschied ist eine (unberechtigte) Zuschreibung, die jemand macht, keine Tatsache. Auch gleichwertige Behandlung ist subjektiv und daher im höchsten Maße variabel und zudem nicht mit „gleich“ und dem Artikel 3 des Grundgesetzes zu verwechseln.

Im Kern scheint es bei der Diskussion um Augenhöhe eher um die Frage zu gehen, wann sich jemand gesehen, ernst genommen und gut behandelt fühlt. Übersetzt man Augenhöhe mit Wohlwollen wird sofort klar, worum es eigentlich geht: Auf Augenhöhe miteinander umgehen bedeutet nicht mehr und nicht weniger, als wohlwollend miteinander umgehen. Und diese Forderung – akzeptiert man die vorgeschlagene Übersetzung – geht weit über den Kontext von New Work hinaus.

Würden Menschen kompromisslos wohlwollend mit einander umgehen, hätten wir das Paradies auf Erden.

Dass das nur eine – wenn auch reizvolle – Utopie sein kann ist uns allen klar. Aber ist uns auch klar, dass Moderator*innen dafür zuständig sind, in jedem Meeting ein kleines Paradies zu schaffen?

Kompromisslos wertschätzend zu sein gehört zum Mindset des New Work Facilitators der Businessmoderation. Es geht – neben und für die jeweilige Sache – immer darum Dialoge „auf Augenhöhe“ zu schaffen, in denen niemand sein Gesicht verliert sondern, ganz im Gegenteil, gestärkt herauskommt: Ist es nicht das, was wir dringend brauchen!?

Die 3 häufigsten Denkfehler zu „New Work“

Die Diskussion um „New Work“ ist mit allerlei Unschärfe behaftet. Die vielleicht häufigsten Denkfehler in aller Kürze:

Denkfehler 1: New Work ist ein Ansatz, eine Theorie, ein Konzept

Kurz und knapp: THE New Work gibt es nicht. Die Arbeitswelt verändert sich rasant und Entwicklungen, wie die Digitalisierung, Flexibilisierung, Globalisierung … der Arbeit sind ineinander verwobene Prozesse, für die es keine Überschrift gibt. Es scheint dem Streben nach Komplexitätsreduktion geschuldet, dass dieses Begriffsvakuum derzeit in vielfältiger Weise mit dem Begriff New Work gefüllt wird. Man könnte mit Johann Wolfgang von Goethe sagen: Erlaubt ist, was gefällt!

Mit dem ursprünglichen Anliegen von Frithjof Bergmann, der diesen Begriff geprägt hat, hat das was heute diskutiert wird wenig zu tun. Er sagt selbst: „Die ursprüngliche Idee war, die Menschen teilweise Arbeit tun zu lassen, die sie wirklich, wirklich wollen. Der Unterschied ist sehr groß zu dem, was sich daraus entwickelt hat. Mein Vorschlag an General Motors war, dass die Leute die Hälfte ihrer Arbeitszeit wie zuvor machen und in der anderen Hälfte freigestellt werden sollten, damit sie in dieser Hälfte das tun, was sie wirklich, wirklich wollen.“ (Frankfurter Allgemeine, 25.06.2019) Das wäre, wenn man es platt ausdrückt, bezahlte Zeit für Hobbies und/oder die Suche nach dem was man eigentlich im Leben gerne machen würde, mit anderen Worten, eine Art bedingungsloses Grundeinkommen. Wie eingangs erwähnt, kann diese ursprüngliche Intension heute lediglich als ein Aspekt der aktuellen New Work Diskussion verstanden werden.

Denkfehler 2: Selbstorganisation ist besser als Hierarchie

Es wäre fatal, im menschlichen Bereich auf Effekte wie „Schwarmintelligenz“ zu setzen die, glaubt man Dirk Helbing von der ETH Zürich, nicht vom Tierreich auf menschliche, soziale Systeme übertragbar sind. Auch scheint es naiv, darauf zu vertrauen, dass sich im Teamwork das inhaltlich bessere Argument durchsetzen wird. Gut möglich, dass eher mal extrovertierte, rhetorisch geschickte, vielleicht auch ein Stück weit rücksichtslose Mitarbeiter*innen, die sich „gut verkaufen“ können, mehr Gehör bekommen.

Allein moderatorisches Geschick kann helfen, diese Effekte zu eliminieren oder zumindest zu minimieren. Die Förderung sozialer und methodischer Kompetenz in Kommunikation und Moderation, Coaching und Führung, scheint der Königsweg zu sein, Selbstorganisation zu ermöglichen. Und Führungskräfte brauchen ein gerüttelt Maß an moderatorischem Geschick.

Dabei hat die Diskussion um Hierarchie ihren Ursprung eher in der Unzufriedenheit mit der Qualität, wie Führung häufig erlebt wird. Sie ist weder neu noch New Work spezifisch. Das Ringen um die Qualität von Führung hat eine lange Tradition.

Verantwortungsvolle Führung hat etwas mit „Augenhöhe“ zu tun, mit Fürsorge und Unterstützung. Die Führungskraft ist Diener ihrer Mitarbeiter und sorgt für Rahmenbedingungen, die maximale Performance ermöglicht und das nicht im Sinne von Ausnutzen, sondern von Fördern und Ermöglichen.

Bleibt die Frage, in welchen Bereichen Selbstorganisation möglich und sinnvoll ist. Dass Selbstorganisation Hierarchie nicht generell ersetzen kann, wird einem schnell klar, wenn man sich einen Notfalleinsatz ohne klare „Befehlsstrukturen“ vorstellt. Der Kern der Frage muss also lauten: Was ist wann besser und was bedeutet „besser“?

Denkfehler 3: Jeder muss in der Arbeit Erfüllung finden

Es scheint in der aktuellen Diskussion dem allgegenwärtigen Fachkräftemangel geschuldet, dass es nicht mehr darum geht Arbeit zu haben, die einem ein ausreichendes Einkommen ermöglicht (die hat man ja auf jeden Fall) sondern darum, ein möglichst angenehmes Arbeitsleben leben zu können. Daran ist nichts falsch, in Japan gibt es dafür sogar einen Begriff.

Das japanische Ikigai 生き甲斐 bedeutet ‚Lebenssinn‘ und ist – frei übersetzt – „das, wofür es sich zu leben lohnt“. Das kann für jeden etwas anderes sein. Je klarer man weiß, was einem Spaß macht, was Erfüllung gibt, womit man in den „Flow“ kommt aber auch, was man gut kann und was man vielleicht auch der Welt Gutes tun möchte weil man nützlich sein will, desto klarer kann man sagen, wofür es sich lohnt morgens aufzustehen. Wenn man dann damit auch noch Geld verdienen und seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, gehört man zu den Glücklichen dieser Erde. Meistens fallen die Bereiche aber nicht zusammen und man ist gezwungen, sich den individuellen Lebenssinn zu „patchworken“.

Fazit: New Work ist kein Ansatz, den man umsetzen könnte, vielmehr ist New Work ein „Label“ zur Diskussion und Weiterentwicklung von Führung und Arbeitsorganisation. Berater, Personal- und Organisationsentwickler, Moderator*innen und Facilitator müssen sich aktiv beteiligen und Manager und Führungskräfte, Projektleiter und Mitarbeiter aktiv begleiten auf ihrem Weg zur New Work. Der erste Schritt muss dabei aber immer sein, zu definieren, was konkret angestrebt werden soll, sonst wird aus Lust auf New Work Frust durch New Work.

Ihr/Euer/Dein,
Josef W. Seifert

 

Zuhören in der Konfliktmoderation

– Gedanken zum Zuhören, von Josef W. Seifert

Zuhören ist eine der wichtigsten Kernfähigkeiten eines professionellen „Kommunikators“, denn die Bereitschaft und die Fähigkeit zum Zuhören erst ermöglicht Kontakt und Verstehen.

Dabei ist Zuhören zunächst nichts weiter als der Verzicht auf eigene Beiträge, auf eigene Kommentare und Erwiderungen zum Gesagten. Darüber hinaus aber ist es das Bemühen sich auf den andern einzulassen, verstehen zu wollen, was er sagt und was er damit verständlich machen, „rüber bringen“ möchte. Schon passives Zuhören bedeutet Wertschätzung für den Sprecher, der Zuhörer signalisiert dadurch: „Was Du sagst ist (mir) wichtig.“ – und das transportiert ein „Du bist (mir) wichtig!“

Der Sprecher muss dazu allerdings unmissverständlich erkennen, dass ihm zugehört wird. Das bedeutet, dass jegliche Nebentätigkeiten unterbleiben müssen. Eine Frage, wie etwa: „Sagen Sie mal, hören Sie mir überhaupt zu?“ wäre der knallharte Beweis dafür, dass es mit der ungeteilten Aufmerksamkeit nicht so recht geklappt hat. Zuhören erfordert deshalb auf den Sprecher gerichtete Aktivität, bedeutet „Aktiv Zuhören“.

Aktiv Zuhören bedeutet:

  • Zugewandte Körperhaltung
  • Blickkontakt
  • Quittierende, unterstützende Laute, wie: ok, a-ja, aha, mhm, etc.
  • Verständnisfragen, wie etwa: „Wodurch kam das?“, „Und wie hast Du Dich da gefühlt?“, „Aus welchem Grund glaubst Du, hat er so reagiert?“

Aktiv Zuhören bedeutet „Verstehen wollen“!

Und: Zuhören hat, besonders in der Konfliktklärung, einen weiteren wichtigen Aspekt, denn immer wenn jemand etwas sagt, geht es nicht nur um den Inhalt, den er mitteilt, also die offensichtliche ES-Aussage, sondern er sagt über die ICH- und die DU-Aussage, immer auch etwas darüber, wie er sich in Beziehung zum andern sieht. Und diese Aussagen ermöglichen dann ja erst die Interpretation der ES-Aussage.

Für den Moderator ist es besonders wichtig „herauszuhören“, was das Gesagte über den Sprecher selbst sagt, denn wie es René Descartes ausdrückte:

Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul!

Deshalb es ist es immer auch die Frage, wieso der Sprecher das was er sagt sagt und wie er es sagt und wieso gerade so. Was teilt er mit dem Gesagten „eigentlich“ mit? Was sagt es über ihn aus?

Hier ist eine wichtige Aufgabe für den Moderator „versteckt“. Es macht nämlich schon einen Unterschied, ob ein „Korinthenkacker“ sich über Unordnung beschwert oder ein „Chaot“!

Zudem kann Konfliktklärung nur gelingen, wenn die Kontrahenten auf einer Ebene der „wahren Begegnung“ miteinander kommunizieren. Sie kann nur erfolgreich sein, wenn die bestehenden seelischen Kratzer, Narben und Wunden offen zur Sprache kommen. Und hier ist der Moderator gefragt. Er muss versuchen herauszuhören, ob eine Aussage authentisch und glaubwürdig ist. Er muss auch hören, was „zwischen den Zeilen“ steht und was mit dem Gesagten (möglicherweise auch) gemeint war.

Begegnen sich die Konfliktparteien auf einer Ebene, des „als ob“, sie antworten also immer so, als wäre nur die Sachbotschaft gesendet worden und gehen damit der Konfrontation aus dem Weg, so ist der Moderator aufgerufen, dies anzusprechen. Die geeigneten Techniken hierfür sind die „Feedback-Technik“ und die Technik des „Doubelns“. Die erste „Zuhörhilfe“ ist allerdings das sogenannte „Verbalisieren“, das Aussprechen von Gefühlen.

Sagt beispielsweise Partei A zu Partei B etwas, wie: „Das ist doch nicht ok, Du hast mich über dreißig Minuten warten lassen, ich steh mir die Füße platt und Du trinkst in Ruhe Kaffee. Da hätte ich ja gut noch ein Telefonat erledigen können oder zwei. So geht man nicht miteinander um!“, so kann der Moderator über aktives Zuhören hinaus die Gefühle verbalisieren und die Situation genauer beleuchten, indem er etwa sagt: „Mhm, Sie hatten das Gefühl, sich die Füße platt zu stehen und kamen sich im Stich gelassen vor, ist es das?“

 „A“ wird das Gesagte aufgreifen, bestätigen oder berichtigen. Der Moderator erreicht dadurch aber mit hoher Wahrscheinlichkeit den Wechsel von der Sach- auf die Gefühlsebene und das ist es, worauf es ankommt. Aus anklagenden DU-Aussagen müssen mitteilende ICH-Aussagen werden.

Zentrale Zuhör-Techniken im Überblick

Passiv

  • Zugewandte Körperhaltung.
  • Offene Körperhaltung, keine verschränkten Arme … wenn es passt, eher dem Gegenüber ähnlich.
  • Blickkontakt halten: Dem andern immer wieder in die Augen schauen.

  • Neutraler Gesichtsausdruck, kein Lächeln aufsetzen, um freundlich zu wirken.

Aktiv

  • Bestätigen: Mit aha, mhm, ok … immer wieder bestätigen, dass die Botschaft angekommen ist.
  • Nachfragen: „Hab ich das richtig verstanden, das war so, dass Sie …“ – „Und was ist dann passiert?“
  • Paraphrasieren: Das Gesagte mit eigenen Worten wiedergeben, um sicherzustellen, mit dem Verstehen, nicht „völlig daneben“ zu liegen.
  • Verbalisieren: Mit eigenen Worten wiedergeben, wie sich der Sprecher „gefühlt haben muss“, in der entsprechenden Situation.
  • Zusammenfassen: „Bei Dir ist also letzen Endes der Eindruck geblieben, dass … und es geht Dir jetzt vor allem darum, dass …“!?

Zuhören bedeutet nach DUDEN, „etwas akustisch Wahrnehmbarem hinhörend folgen, ihm seine Aufmerksamkeit zuwenden.“ In der Konfliktmoderation bekommt diese Definition eine völlig neue Dimension. Ohne die Fähigkeit in das Gesagte hineinzuhören und damit zu arbeiten, ist Konfliktklärung nicht wirklich möglich. Zuhören wird so zu einer der wichtigsten Kernfähigkeiten eines professionellen „Kommunikators“.



Quelle: Josef W. Seifert, Konfliktmoderation, GABAL Verlag, Offenbach 2018

New Work & Ikigai

– Ein Beitrag von Josef W. Seifert

Spricht man über New Work, kann man nicht nicht über den Philosophen Frithjof Bergmann sprechen, der diesen Begriff geprägt hat und bis heute beeinflusst, wie kein zweiter. Greift man sein zentrales Anliegen auf, der Arbeit Sinn zu geben, ist das japanische Ikigai nur einen kleinen Gedankensprung entfernt und der Versuch diese beiden Gedankenwelten miteinander zu verknüpfen, drängt sich auf.

Das japanische Ikigai 生き甲斐 bedeutet ‚Lebenssinn‘ und ist – frei übersetzt
– „das, wofür es sich zu leben lohnt“. Das kann für jeden etwas anderes sein. Je klarer man weiß, was einem Spaß macht, was Erfüllung gibt, womit man in den „Flow“ kommt aber auch, was man gut kann und was man vielleicht auch der Welt Gutes tun möchte weil man nützlich sein will, desto klarer kann man sagen, wofür es sich lohnt morgens aufzustehen. Wenn man dann damit auch noch Geld verdienen und seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, gehört man zu den Glücklichen dieser Erde.

Meistens fallen die Bereiche aber nicht zusammen und man ist gezwungen, sich den individuellen Lebenssinn zu „patchworken“. Das bedeutet, dass man bei seiner Lebensgestaltung einerseits versuchen kann, dem Ideal des Ikigai möglichst nahe zu kommen und andererseits darauf zu achten, dass jeder Bereich im Leben ausreichend vorkommt. Man könnte von einer anzustrebenden „dynamischen Balance“ sprechen, ähnlich der Idee von Ruth Cohn in der TZI. Dabei geht es nicht darum, eine statische Balance zwischen den Bereichen zu erreichen und aufrecht zu erhalten. Vielmehr geht es darum „über den dicken Daumen“ eine ungefähre Gleichverteilung hinzubekommen. Es wird also, was das zeitliche aber auch das inhaltliche Engagement angeht, mal der eine und mal der anderen Bereich im Vordergrund stehen, ganz wie es situativ erforderlich ist. Letztlich befinden sich aber das Wollen, das Sollen, das Können und das Müssen in einer individuellen „Lebens-Balance“.

 

Dauerhafte Überbetonung eines Bereiches ist so, als ob man vier Pflanzen hat und nur eine gießt. Es werden alle Schaden nehmen. Bei den genannten Lebensbereichen ist es so, dass die Betonung eines Bereiches den Wert, der dieser im Konzert mit den anderen Werten haben kann, ins Gegenteil verkehrt:

Wollen: Dem, der versucht nur noch zu machen, was Spaß bringt, den Flow erzeugt, den Kick gibt, wird es ergehen, wie dem Süchtigen, die Dosis muss ständig gesteigert werden, bis es nicht mehr geht. Um Entspannung empfinden zu können, muss man Anspannung erleben, der Feierabend wird nur zum Feierabend, wenn der Tag Anstrengung gegeben hat.

Sollen: Wer sich für die Welt aufopfert, alles und jeden retten will, vergisst und vernachlässigt sein eigenes Recht auf Freude und wird eines Tages weder im Stande sein andere zu retten, noch sich selbst.

Können: Wenn es im Leben nur noch darum geht, seine Talente auszubauen, zur Perfektion zu gelangen, dann gerät man in Gefahr, zum Sklaven des eigenen Perfektionsanspruches zu werden. Die Fähigkeit eigene Schwächen zu sehen, zu akzeptieren und auch mal über eigene Unzulänglichkeiten schmunzeln oder gar lachen zu können verkümmert. Die Entlastungsfunktion des nicht perfekt sein müssens fehlt.

Müssen: Wer über die Notwendigkeit erforderliches Einkommen zu generieren hinaus, sein Leben auf das Streben nach möglichst hohem Einkommen und maximales Ansehen, auf möglichst viel „Zeigbares“ ausrichtet, begibt sich in die Gefahr psychisch und physisch auszubrennen.

Für einen „Schnelltest“ lohnt es sich, sich die folgenden Fragen zu beantworten:

  • Wollen: Was liebe ich? Womit beschäftige ich mich für mein Leben gern? Mache ich das ausreichend?
  • Sollen: Was hat die Welt davon, dass es mich gibt? Was kann ich der Menschheit Gutes tun? Widme ich diesem Bereich ausreichend Zeit?
  • Können: Was zeichnet mich aus, was kann ich besonder gut? Welche Fähigkeiten habe ich? Welche kann und möchte ich ausbauen, welche neu entwickeln?
  • Müssen: Wie verdiene ich meinen Lebensunterhalt, wofür werde ich bezahlt? Bringe ich mich zeitlich und inhaltlich ausreichend ein?

NEW WORK BERATUNG

Im professionellen Kontext der Moderation und der New Work Beratung – so wie wir sie verstehen – kann das IKIGAI Modell als Blaupause dienen um zielorientierte Kulturarbeit in Unternehmen und Organisationen zu steuern, die sowohl dem Mitarbeiter als auch dem Unternehmen und schließlich auch dem Gemeinwohl dient.

Auch wenn Ikigai keine allgemeingültige Zielsetzung darstellen kann, kann es doch als visionäre Projektionsfläche zur Reflexion und Planung gemeinsamen beruflichen Handelns genutzt werden.

Beispielhafte Arbeitsfragen könnten sein:

  • Wollen: Was lieben wir? Wofür möchten wir unsere Arbeitsleistung einsetzen? Womit beschäftigen wir uns fürs Leben gern?
  • Sollen: Wofür gibt es uns? Welche Probleme lösen wir? Was hat die Welt davon, dass es uns gibt?
  • Können: Was zeichnet uns aus, was können wir besonders gut? Was können wir besser als andere? Welche Fähigkeiten haben wir? Welche können und möchten wir ausbauen, welche neu entwickeln?
  • Müssen: Wofür werden wir bezahlt? Was ist es, was der Kunde von uns erwartet? Wofür bezahlt uns der Kunde?

Im Rahmen einer Visions- und Strategieentwicklung stellt sich als Klammer der vier Bereiche – auch hinsichtlich New Work – die Frage, ob jeder einzelne Bereich ausreichend Berücksichtigung findet und sowohl der Vision als auch der Strategie spürbar Kraft gibt. Meine These ist: Je mehr Ikigai der/die Einzelne für sich realisiert sieht, desto stärker ist er/sie im Leben und in der / für die Organisation. Selbstredend, dass dies nur eine Facette von Strategiearbeit sein kann, aber vermutlich eine, die zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Ikigai und New Work

Das Hauptziel jedes Systems – ob biologisch, psychologisch oder sozial – ist das Überleben. Jedes Unternehmen, jede Organisation ist ständig darum bemüht alles zu tun, um zu überleben.

Die angebotene Leistung muss für den Kunden attraktiv sein und gewinnbringend vermarktet werden. Die Beschäftigungsbedingungen, ja die gesamte „Architektur der Arbeit“ muss so gestaltet sein, dass fähige Leute kommen und bleiben und sich maximal engagieren wollen und können.

Die Schwierigkeit liegt nun darin, dass jeder – wie oben beschrieben – eine individuelle Schwerpunktsetzung hat und diese dem Einzelnen möglicherweise gar nicht (voll) bewusst ist. Daraus ergibt sich – ganz im Geiste des New Work „Erfinders“ Fritjof Bergmann – eine neue Aufgabe für Führungskräfte und Personalentwickler, die darin besteht, den Mitarbeitern zu helfen sich dem eigenen Lebenssinn zu nähern und – zum Vorteil aller – im Unternehmen entsprechend eingesetzt zu werden.

Die massiven gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen, wie etwa Globalisierung und Digitalisierung und nicht zuletzt der damit einhergehende Wertewandel, verändern die Erwartungen an Organisationen schneller, als diese im Stande sind angemessen darauf zu reagieren. In vielen Branchen besteht Fachkräftemangel und die Menschen können wählen, für wen und wofür sie ihre Arbeitskraft einsetzen. Je mehr Sinn, je mehr Ikigai der einzelne realisieren kann, desto attraktiver ist der Arbeitgeber für ihn.

Big Picture

Die immer größer werdende Differenz zwischen „arm und reich“ einerseits, sowie die unübersehbaren ökologischen Erfordernisse andererseits, befördern – neben anderen Einflussgrößen – einen gesellschaftlichen Wandel, der von Organisationen künftig ein stärkeres Augenmerk auf Gemeinwohl und Nachhaltigkeit verlangt. Unternehmen sind daher künftig noch mehr gefordert, drei Herren zu dienen: A) dem Selbsterhalt, B) den Mitarbeitern und C) dem Gemeinwohl.

Diesen unausweichlichen Ansprüchen im eigenen Unternehmen konkrete Konturen zu geben, wird eine der Hauptaufgaben von Managern, Führungskräften, Organisations- und Personalentwicklern und nicht zuletzt Moderator*innen als New Work Berater oder NEW WORK FACILITATOR sein.


© MODERATIO 2024

 

Die Führungskraft als Selbstorganisations-Coach

Selbstorganisation bedeutet, dass biologische, psychische und soziale Systeme selbst Kommunikationsstrukturen bilden. Niemand gibt diese vor, das System erfindet sie selbst. So ist beispielsweise jede Organisation, jedes Team, jeder Workshop eine Mischung aus Fremdorganisation und Selbstorganisation. Der Rahmen für das Miteinander wird von außen vorgegeben (formelle Organisation), also für das Team fremd organisiert und der konkrete Ablauf wird von den Anwesenden selbst organisiert (informelle Organisation). Beides ist für das Funktionieren der Kooperation unverzichtbar.

Wenn heute – etwa im Rahmen von New Work – viel von Selbstorganisation die Rede ist, ist damit meist gemeint, dass es für die Bereitschaft zur Mitverantwortung des einzelnen und die Agilität der Organisation insgesamt wesentlich ist, eine Kommunikation auf Augenhöhe anzustreben und die Freiheitsgrade innerhalb des vordefinierten Rahmens möglichst groß zu halten. Und vielleicht sogar zuzulassen, dass der Rahmen selbst diskutiert und modifiziert werden kann.

Allzu leicht wird dabei übersehen, dass die Gruppe, das Team nur bei entsprechender „Reife“ eine Chance hat, selbstorganisiert zu arbeiten. Je reifer die Gruppe ist, also je geübter die Menschen in Diskussion und Moderation sind, desto mehr ist möglich. Ohne entsprechendes Training wird Selbstorganisation sehr schnell zur Überforderung und was gut gemeint war, geht nicht gut aus. Missverständnisse und mehr oder weniger offen ausgetragene Konflikte sind die Folge: Steigender Frust, steigende Fluktuation.

Unterstellt man, dass – vor allem die jüngere Generation – sich ganz im Sinne Freud’s Schüler Erich Fromm „weg vom Schein hin zum Sein“ entwickelt, oder anders ausgedrückt, Mitgestaltung vor Status geht, wird deutlich, dass es nicht darum gehen kann die Menschen enger zu führen, also mehr fremd zu organisieren. Vielmehr wird die Dringlichkeit der Qualifikation in Kommunikation und Moderation deutlich.

Die abteilungs- und immer häufiger auch unternehmensübergreifende, agile Projektarbeit zwingt Führungspersonen und Mitarbeiter dazu, Führen und Geführt werden neu zu definieren. Es kann im New-Work-Zeitalter also nicht um ein Festhalten an alten Führungsvorstellungen gehen, es hilft aber auch nicht ins Gegenteil zu verfallen und die Menschen mit Anforderungen zur Selbstorganisation zu konfrontieren, denen sie nicht gewachsen sind.

Es wäre fatal, im menschlichen Bereich auf Effekte wie „Schwarminteligenz“ zu setzen die, glaubt man Dirk Helbing von der ETH Zürich, nicht vom Tierreich auf menschliche, soziale Systeme übertragbar sind. Auch scheint es naiv, darauf zu vertrauen, dass sich im Teamwork das inhaltlich bessere Argument durchsetzen wird. Gut möglich, dass eher mal extrovertierte, rhetorisch geschickte, vielleicht auch ein Stück weit rücksichtslose Teilnehmer*innen, die sich „gut verkaufen“ können, mehr Gehör bekommen.

Allein moderatorisches Geschick kann helfen, diese Effekte zu eliminieren oder zumindest zu minimieren. Die Förderung sozialer und methodischer Kompetenz in Kommunikation und Moderation, Coaching und Führung, scheint der Königsweg zu sein, Selbstorganisation zu ermöglichen. 

Vielleicht gilt es den von Paul Hersey und Ken Blanchard in den 70er Jahren formulierten Ansatz der „situativen Führung“ neu zu denken und die Manager, Führungskräfte und Projektleiter dazu zu qualifizieren, dass sie Ihren Mitarbeitern gute Coaches für Selbstorganisation sein können?

© MODERATIO 2019

New Work – New Facilitation

– Josef W. Seifert

Was ist mit „New Work“ eigentlich gemeint? Wo fängt „New Work“ an und wo hört es auf? Und: welche Aufgaben ergeben sich daraus für den Moderator oder Facilitator?

Um es gleich vorweg zu nehmen: THE New Work gibt es nicht. Die Arbeitswelt verändert sich rasant und Entwicklungen, wie die Digitalisierung, Flexibilisierung, Globalisierung … der Arbeit sind ineinander verwobene Prozesse, für die es keine Überschrift gibt. Es scheint dem Streben nach Komplexitätsreduktion geschuldet, dass dieses Begriffsvakuum derzeit in vielfältiger Weise mit dem Begriff New Work gefüllt wird. Man könnte mit Johann Wolfgang von Goethe sagen: Erlaubt ist, was gefällt!

Interpretiert man New Work im Sinne des Philosophen Frithjof Bergmann, (der diesen in den 1970er Jahren prägte) so könnte man sagen, dass New Work auf den selbstbestimmten, glücklichen Menschen abzielt. Nach Bergmann’s Vision stärkt alles(!) in der Gesellschaft den Menschen der nur noch macht (arbeitet), was er wirklich, wirklich, ganz echt will. Die moderne Sklaverei der von Fremdbestimmung geprägten Arbeitswelt ist abgeschafft. So ein bisschen erinnert mich diese Interpretation von New Work an das Bruttonationalglück des Königreichs Bhutan im Himalaya, wo bereits im 18. Jahrhundert das Glück der Bevölkerung als Ziel von Entwicklung und Politik definiert wurde. Auch Christian Felber’s Gemeinwohlökonomie versucht den Menschen von Zwängen zu befreien und ein Wirtschaftssystem zu etablieren, das dem Gemeinwohl dient. Auch die Idee der Soziokratie, des niederländischen Reformpädagogen Kees Boeke, ließe sich hier einordnen.

Wie groß auch immer die Unterschiede im Detail sein mögen, die Zeichen stehen, heute mehr denn je, auf Veränderung. Wegweisend sind zweifelsohne Visionen und Ansätze, die zum Ziel haben Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung zu fördern, Nachhaltigkeit im wirtschaften fordern und die Steigerung des Gemeinwohls im Blick haben. Ansätze, die den Menschen und dessen Wohlergehen ins Zentrum setzen. Dazu gehört auch New Work (zumindest in der Originalbedeutung).

Bleibt die bange Frage, was ein Facilitator, der doch immer nur Kommunikations-Helfer, -Manager, -Lotse oder -Katalysator sein kann, zum Thema New Work konkret beitragen kann. Er hat in seiner Tätigkeit keinen fachlichen Rat zu geben und in der Sache keine Entscheidungen zu treffen.

Für ein Engagement für New Work im Sinne einer inhaltlichen Beratung muss die Prozessberatung – die für Moderation und in der Moderation zentral ist – um eine fachliche Komponente ergänzt werden. Der für Moderation & Beratung engagierte NEW FACILITATOR, wäre dann der fachliche Berater für die Bewältigung des Tranformationsprozesses hin zur „New Work Organisation“ und er wäre in Meetings, Workshops und Großgruppen der inhaltlich neutrale Begleiter, der der jeweiligen Gruppe hilft, ihren Weg zur Bewältigung der anstehenden Aufgaben zu finden.

NEW WORK Beratung

Vor welchen Veränderungsaufgaben stehen Manager und Führungskräfte, wenn sie sich New Work stellen wollen, welche Herausforderungen konkret gilt es zu meistern und wobei können beratende Moderator*innen unterstützen? Um diese Frage beantworten zu können, muss man sich zunächst entscheiden, wie man den Begriff New Work belegen möchte.

Welche Zielsetzung hat das jeweilige Unternehmen, die Organisation, für den Tranformationsprozesses hin zur „New Work Organisation“? Stellt man das Thema Digitalisierung ins Zentrum des Interesses, stellen sich andere Fragen, als wenn man auf die Flexibilisierung der Arbeit fokussiert oder Hierarchie abbauen und Mitgestaltung, Mitverantwortung und Selbstbestimmung ausbauen möchte. Je nach Fokus füllt sich der Begriff New Work mit anderen Inhalten und es ergibt sich ein anderer Beratungsschwerpunkt.

Stellt man in Rechnung, dass jede Veränderung in einem sozialen System, soll sie gelingen und nachhaltig sein, immer auch Kulturwandel bedeutet wird deutlich, dass für eine solide New Work Beratung, Kulturberatung als Komplementär-Beratung zur Fachberatung zwingend ist. Die bewusste Gestaltung des Kulturwandels außer Acht zu lassen und sich ausschließlich auf die „harten Faktoren“ zu stützen, nur weil sich Zahlen, Daten, Fakten so herrlich planen lassen, erinnert an Paul Watzlawick’s Geschichte vom verlorenen Schlüssel …

Der verlorene Schlüssel oder “mehr desselben”
Unter einer Straßenlaterne steht ein Betrunkener und sucht und sucht. Ein Polizist kommt daher, fragt ihn, was er verloren habe, und der Mann antwortet: “Meinen Schlüssel.”
Nun suchen beide. Schließlich will der Polizist wissen, ob der Mann sicher ist, den Schlüssel gerade hier verloren zu haben, und jener antwortet: “Nein, nicht hier, sondern dort hinten — aber dort ist es viel zu finster.”

Aus Paul Watzlawick’s „Anleitung zum Unglücklichsein“

Kulturwandel

Kulturwandel-Beratung ist als begleitende Prozessberatung (Komplementärberatung) bei allen Veränderungsprojekten dringend empfohlen. Kulturwandel kann aber auch explizit Beratungsthema sein und zwar immer dann, wenn es um Kommunikations- und Führungsthematiken geht. So wird im Rahmen der New Work Diskussion beispielsweise immer wieder thematisiert, dass immer mehr, vor allem junge Menschen, stärkeren Einbezug, mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten und Selbstbestimmung erwarten. Das kann in einer Organisation ein Angriff auf die gewachsene Führungskultur sein. Für Manager, Führungskräfte und Projektleiter ist eine Neuorientierung erforderlich. Führung muss neu erlernt werden. Freiheitsgrade für Selbstorganisation müssen über Partizipationsansätze der Vergangenheit, wie etwa Qualitätszirkel, Lernstatt oder Change Communities, hinausgehen. Die Fähigkeit, „Kommunikation auf Augenhöhe“ zu gestalten ist gefragt und unverzichtbar. Dies ist nur ein Beispiel für Kulturwandel. Andere Ansatzpunkte können Teamkultur, Gesprächskultur oder Konfliktkultur sein aber auch Nachhaltigkeit in ökonomischer, ökologischer und sozialer Hinsicht kann im Fokus der Umgestaltung stehen. Letztlich geht es immer um strategische Zielsetzungen und dafür gilt: Strategieumsetzung geht nicht ohne Kulturwandel.

Hier fallen Fachberatung und Prozessberatung zusammen. Diese Beratung – für die freilich ein gerüttelt Maß an Expertise zum Thema Unternehmenskultur und Kulturentwicklung von Nöten ist – könnte als NEW WORK BERATUNG bezeichnet werden oder auch NEW FACILITATION.

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© MODERATIO – Veröffentlicht in „Wirtschaft und Weiterbildung“ 4.2019

SixSteps® Facilitation

EUROPÄISCHES MEETINGMODELL versus
AMERIKANISCHES MEETINGMODELL

Wie die SixSteps®-Moderation Zusammenarbeit ermöglicht
Vergleicht man die Meetingkulturen, also die Erwartungshaltung an Meetings, deren Inhalte und den Ablauf sowie die Herangehensweise und Arbeitsweise innerhalb von Meetings zwischen Amerika und Europa, so lässt sich eine grundsätzlich verschiedene Herangehensweise feststellen. Sogar die Meetingkultur in Asien, genauer Japan, ist der europäischen viel ähnlicher, als die amerikanische.

Meetings in den USA werden überwiegend dazu genutzt, die anderen Teilnehmer über etwas zu informieren, also den selben Wissensstand bei den anwesenden Teilnehmern herzustellen, oder diese von etwas zu überzeugen. Es wird in Meetings also häufig präsentiert. Im Gegensatz dazu werden Meetings in Europa (und in Teilen Asiens) häufiger dazu genutzt, gemeinsam an Problemstellungen zu arbeiten und Lösungen zu finden. Manager in Europa beklagen sich jedoch darüber, dass die amerikanische Meetingkultur Einzug hält in Europa. In Online-Meetings beispielsweise hat man häufig kaum eine andere Wahl. Manager und Moderatoren hierzulande quälen sich, das europäische Meeting-Modell in WebEx, Skype und Co. anzuwenden, was mangels passender Werkzeuge oft nicht oder nur sehr schwer möglich ist.

Das amerikanische Meeting-Modell
Von außen betrachtet werden Meetings in den USA häufig als „aggressiv“ beschrieben. In Meetings liefern sich Teilnehmer manchmal einen regelrechten Schlagabtausch in Diskussionen einzelner Inhalte. Es wird begrüßt, wenn alle relevanten Themen offen und direkt angesprochen werden, auch, wenn man manchmal persönliche Beziehungen dabei aufs Spiel setzt. Dies wirkt auf Kulturen recht eigenartig, deren Anspruch es ist, in Meetings möglichst harmonisch und diplomatisch zu agieren. Oft wird dieses Vorgehen in anderen Kulturkreisen als ein bösartiger, persönlicher Angriff interpretiert, was es natürlich nicht ist. Es ist vielmehr eine Eigenart amerikanischer Kommunikation in Meetings und wird als richtigen Schritt gesehen, ein wichtiges Thema anzusprechen. Unter Zeitdruck stehende, amerikanische Geschäftsleute haben keine Zeit für vage, diplomatische Formulierungen, wie sie typischer Weise in England oder Japan zu finden sind.

In amerikanischen Meetings werden häufig vor dem Meeting ausgearbeitete Lösungen präsentiert und abgestimmt. Man erwartet, dass diese Präsentationen nicht nur relevant und gut recherchiert sind, sondern auch überzeugend, engagiert und positiv vorgetragen werden. Meetings im Allgemeinen und vorwiegend die, in denen etwas präsentiert werden soll, werden als Chance gesehen, Eindruck zu machen – das ist vor allem dann wichtig, wenn man persönlich vorankommen möchte.

Untersucht man die verfügbaren Funktionen amerikanischer Meeting-Software, so stellt man fest, dass diese ausgereifte Tools bereit stellen, im Teilnehmerkreis etwas zu präsentieren, beispielsweise über Screen-Sharing, Application-Sharing oder das Hochladen von Dateien verschiedenster Formate, von Video, über PowerPoint bis hin zu PDF und einfachen Dokumenten. Sie stellen allerdings kaum Tools zur Zusammenarbeit zur Verfügung.

Das europäische Meeting-Modell
Stellt man nun das Verhalten von Gruppen in Meetings im europäischen Raum dem gegenüber, so würden Meetings von außen betrachtet häufig als sehr förmlich gesehen werden. Den Meetingteilnehmer ist es wichtig, dass sie und Ihre Beiträge in Meetings wertgeschätzt werden und gleichrangig neben denen der anderen Meetingteilnehmer stehen. Alle möchten möglichst ins Meetinggeschehen einbezogen werden. Der Meetingleiter ist daher bemüht, Betroffene zu Beteiligten zu machen. Dabei spielen in moderierten Meetings beispielsweise die Erfahrungen der alltäglichen Mitarbeiter „von der Basis“ ebenso eine entscheidende Rolle, wie die Beiträge eingeladener Experten zum Thema, welche womöglich eine vollkommen andere Sicht mitbringen. Probleme werden so gemeinsam erörtert und jeder ist an der Lösungssuche beteiligt, Wenn beim Meinungsaustausch jeder zu Wort kommt, kann es leicht passieren, dass einige Teilnehmer bei Ihren Beiträgen ausschweifen oder sogar vom Thema abkommen. Dann werden Meetings häufig zäh und führen im schlimmsten Fall sogar zu keinen Ergebnissen. In einem Wort: Zeitverschwendung.

Das bedeutet also Schwerstarbeit für einen Moderator in Meetings mit hoher Mitwirkung der Beteiligten. Er sorgt dafür, das Meeting „im Fluss“ und am Thema zu halten, auch und gerade, wenn jeder zu Wort kommen möchte. Alle Teilnehmer sollten dabei möglichst den gleichen Redeanteil haben. Zudem ist es von entscheidender Bedeutung, wesentliches zu visualisieren, damit Beiträge und Entscheidungen für jeden nachvollziehbar festgehalten werden. Der Moderator arbeitet dabei stets ziel- und ergebnisorientiert in Abstimmung mit der Gruppe. So kann durch die Zusammenarbeit aller, auch bei komplizierten Problemen, am Ende ein optimales Ergebnis entstehen, das jeder mitträgt und die Belange aller Beteiligten berücksichtigt.

Dieses Vorgehen hört sich nach Leistungssport und sehr anstrengend an. Kann es auch werden, wenn man nicht die richtigen Tools zur Verfügung hat. Ein einfaches, aber wirkungsvolles Modell zur Strukturierung von Meetings bietet daher die SixSteps® Facilitation. Sie ermöglicht es, ein Meeting strukturiert, Schritt für Schritt zu moderieren und erleichert es so dem Moderator, den Überblick zu behalten und typische Fallstricke im Meeting zu vermeiden.

Die SixSteps® Facilitation – ein Überblick
Die SixSteps® Moderation nach Josef W. Seifert schlägt vor, Meetings in sechs typische Meeting-Schritte zu gliedern. In jedem Schritt stehen passende Methoden zur Zusammenarbeit zur Verfügung. Folgt der Moderator diesem Vorgehen und nutzt er die einzelnen Tools und Techniken, hat er ein Meta-Modell an der Hand, das ihm ermöglicht, über den gesamten Meeting-Verlauf alle/s im Blick und unter Kontrolle zu behalten.

Der Moderator durchläuft dabei die Schritte „1 Einsteigen“, „2 Sammeln“, „3 Auswählen“, „4 Bearbeiten“, „5 Planen“ und „6 Abschließen“. Jede dieser Phasen hat ein bestimmtes Ziel.

Im Einsteigen wird dafür gesorgt, dass die Teilnehmer erst einmal Zeit haben, anzukommen. Der Moderator gibt den Teilnehmenden Orientierung über Thema und Zielsetzung des Meetings.

Im Schritt „Sammeln“ wird entweder die vorhandene Agenda vorgestellt, oder diese zusammen mit den Teilnehmern erstellt. Danach ist klar, an welchen Themen gearbeitet werden soll. Es wird vermieden, gleich mit der Türe ins Haus zu fallen oder anders ausgedrückt: Man verschafft sich zunächst einen Überblick, um zu klären, welche Themen anstehen.

Im Schritt „Auswählen“, wird zusammen mit den Teilnehmern entschieden, woran vorrangig gearbeitet werden soll. In welcher Reihenfolge vorgegangen wird, entscheidet also die Gruppe. So ist es für einzelne schwieriger, sich hervor zu tun und die Energie der Gruppe bündelt sich im weiteren Vorgehen.

Nach dieser Entscheidung wird im Schritt „Bearbeiten“ nun inhaltlich an einem Thema nach dem anderen gearbeitet bzw. diskutiert. In diesem Schritt stehen eine Menge Visualisierungstechniken zur Verfügung, um die „Gesprächsstruktur“ abzubilden und Kernaussagen festzuhalten. So können Doppeldiskussionen und Schleifen vermieden werden. Auch ein kurzer Informationsinput mittels Präsentation kann hier Bestandteil sein.

Ergebnisse werden dann im nächsten Schritt, „Planen“ in einen Maßnahmenplan oder ein Task-Board überführt. Damit ist sichergestellt, dass Ergebnisse sofort dokumentiert werden und die nächsten Schritte vereinbart wurden.

Im Abschließen geht es darum, das gemeinsam Erreichte zu reflektieren und zu würdigen, ehe das Meeting beendet wird. So kann bereits für das nächste Meeting Verbesserungsbedarf abgeleitet und zeitnah umgesetzt werden.

Dieses Vorgehen ermöglicht das europäische Meetingmodell, indem zusammen Probleme gelöst und Ideen gefunden werden und gibt dabei Hilfestellung, sich nicht zu verzetteln.

Das Arbeiten nach der SixSteps® Moderation kann dabei entweder mit herkömmlichen Medien wie Flipcharts und Moderationwänden angewendet werden, oder digital, mit Hilfe der Moderationssoftware SixSteps®. Die Softwarelösung stellt damit eine sehr junge und gleichzeitig interessante Alternative zu etablierten Lösungen aus den USA dar und passt zudem auf das hierzulande anzutreffende Modell. Wenn Sie dieses Vorgehen kennenlernen möchten, so können Sie dies auf den Seiten von MODERATIO oder unter www.sixsteps.com. Wir würden uns freuen, von Ihnen zu hören.

© MODERATIO 2019

Die Kraft interaktiver Veranstaltungen

Kongresse, BarCamps, Zukunftswerkstätten & Co: mehr denn je sind Events die „Live-Höhepunkte“ im digitalen Strom unserer Zeit…“  (Zitat Zukunftsinstitut)

Aktive Teilnehmer statt passiver Zuhörer – das ist das Diktat vieler moderner Live-Veranstaltungen. Was nach einer einfachen Formel klingt, ist für die Moderation eine echte Herausforderung. Entscheidend ist, dass das Design einer Veranstaltung auch zulässt, was in der Moderation verwirklicht werden soll. Nicht selten beraten wir unsere Kunden daher schon in der Planungsphase eines Events. Unsere Expertin Bettina Kerschbaumer teilt hier einige Gedanken und Tipps dazu:

Warum überhaupt Publikumsbeteiligung?
Der Wunsch nach Interaktion kommt nicht von ungefähr. Denn nicht nur für den Teilnehmer steigt die gefühlte Veranstaltungsqualität enorm, wenn er/sie in das Veranstaltungsgeschehen eingebunden ist. Auch der Veranstalter profitiert in hohem Ausmaß von einem „Miteinander“ mit dem Publikum, zeigt er doch damit seinen Teilnehmer*innen: „Du bist wichtig“.
Kurzum:  es gilt den Besucher zum echten „TEILnehmer“ zu machen – vom Zuhörer zum aktiven Mitgestalter.

Entscheidend: das richtige Eventdesign
Aber Vorsicht! Interaktion und Publikumsbeteiligung sind kein Selbstzweck! Der Funke zündet nur, wenn klar ist, wozu das passiert. Daher beginnt die Frage nach möglichen Interaktionsmethoden schon bei der Zielsetzung der Veranstaltung und der Frage, wie die Aktivierung der Teilnehmer*innen zum Ziel beitragen kann. Wir unterscheiden zwei große Themenbereiche der Interaktion mit einem Publikum bzw. mit großen Gruppen:

Reflexion, Transfer & Vernetzung
Ein Publikum soll die dargebotenen Inhalte einer Veranstaltung für sich reflektieren, in den eigenen Alltag transferieren, durch Austausch einen „Blick über den Tellerrand“ machen, etc. In diesem Fall sprechen wir von Reflexions- bzw. Transfermethoden. Zum Beispiel: Im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema Gesundheitsreform soll das Publikum auch seine Erfahrung mit dem Gesundheitswesen einbringen. Oder: bei einem Umweltkongress will man sichtbar machen, aus welchen Branchen die Gäste kommen und will diese Menschen untereinander vernetzen. Oder: Ein Controller-Kongress will seine Besucher zu einem fachlichen Austausch zu einem der präsentierten Themen anregen.

Partizipation
Hier wird das Publikum um inhaltliches Feedback gebeten oder arbeitet an einer ganz konkreten Fragestellung, deren (gemeinsames) Ergebnis für die Zeit nach der Veranstaltung relevant ist. Die Teilnehmer krempeln sozusagen die Ärmel hoch und packen selbst mit an. Z.B. sollen die Mitarbeiter einer Industriebäckerei das neue Produktsortiment mitgestalten dürfen. Oder: die Trainer*innen einer großen Erwachsenenbildungseinrichtung sollen ihre Ideen einbringen, wenn es um die Gestaltung der neuen Seminarräume geht. Oder: auf einem Kongress der Verkehrsbetriebe soll über das Potential eines Ess-Verbotes in Öffis diskutiert werden.

Menschen in Bewegung bringen
Beide Vorgänge haben ganz unterschiedliche Ansätze – gemeinsam haben sie jedoch, dass sie große Gruppen von Menschen „in Bewegung“ bringen. Und: dass der Dialog mit diesen vielen Menschen dennoch strukturiert und nachvollziehbar abläuft. Je nach Veranstaltungsziel sind jetzt kleinere oder größere Interventionen gefragt, ein paar davon haben wir beispielhaft hier für Sie dargestellt:

Sitzordnung und Raumgestaltung
Es mag banal klingen aber schon die Sitzordnung trägt enorm zum Interaktionsverhalten der Menschen bei. Beobachten Sie sich selbst: in einer Veranstaltung mit Kino-Bestuhlung fühlt man sich doch deutlich „einsamer“, als wenn man zu viert oder zu sechst an Tischen sitzt. Diese Form der Sitzordnung lässt auch einen schnellen Austausch zu den vorgetragenen Themen zu – Vernetzung und Transfer inklusive. Die Facetten der Raumgestaltung sind vielseitig: Neben den Fragen der Bestuhlung können auch noch anderen Dimensionen überlegt werden: Musik? Dekoration? Licht? Wo und wie finden die Pausen statt? Wir haben in den letzten Jahren viel ausprobiert und sind überzeugt: Die Auseinandersetzung mit diesem Thema lohnt sich 😊

Podium, TownHall, Fish Bowl & Co.
Aber auch das Bühnensetting ist entscheidend: eine Podiumsdiskussion braucht nicht unbedingt ein Podium. FishBowl- und TownHall-Formate tragen dazu bei, dass die Referenten „auf Augenhöhe“ mit den Gästen kommen und die Verbindung zum Publikum damit von Beginn an eine andere Qualität bekommt. Übrigens: es muss nicht immer nur eine Bühne geben. 2 einander ergänzende „Bühnen“ können sehr zur Dynamik eines Events beitragen. Das heißt nicht, dass der Veranstalter eine komplette 2. Bühne bauen muss – oft reicht es, wenn die Vorträge von der (Haupt-) Bühne kommen, die Diskussion aber z.b. im FishBowl-Setting stattfindet.

Stimmungsbilder
Sichtbar zu machen, wie das Publikum zu bestimmten Fragestellungen steht, ist der erste wichtige Schritt zur Kontaktaufnahme. Das kann mit der bewährten Methode des Handzeichens geschehen, oder mit soziometrischen Aufstellungen im Raum. In den letzten Jahren haben wir auch viel mit digitalen Tools experimentiert und können sie wärmstens empfehlen. Vielen funktionieren mittlerweilen sehr zuverlässig und bringen coole Abwechslung in das Event-Geschehen.

Was das Publikum bewegt
Die inhaltliche Einbindung des Publikums von Beginn an ist ein wahrer Energy-Boost für jede Veranstaltung und kennt viele Facetten: das Sammeln der „heißesten“ Fragen, die gerade zum Thema im Raum sind kann z.B. mit der Methode „Hot Questions“  umgesetzt werden und auch auf dem digitalen Sektor gibt es da schon einiges – hier einer unserer Lieblinge: slido.com

Wenn die Gäste miteinander…
Wie oft erlebt man immer noch, dass die Vernetzung der Teilnehmer den Kaffeepausen überlassen wird. Und da stehen dann prompt die zusammen, die sich ohnehin schon kennen. Teilnehmer*innen, die noch niemanden kennen, sind oft ratlos, wie sie sich mit anderen bekannt machen können und flüchten gerne in die anonyme Sicherheit ihrer Smartphone-Mailbox.

Schade. Denn für viele Konferenzbesucher steht das „Networking“ und die „neuen Kontakte“ ganz oben auf der Wishlist, und gerade das bleibt bei vielen Veranstaltungen dem Zufall überlassen. Je nach Zielsetzung der Vernetzung kann ein gut durchdachtes Eventdesign dem Zufall hier auf die Sprünge helfen. Die Methoden heißen: Speed Dating, Diversity Bingo, Topf sucht Deckel & Co.  

Und es geht noch mehr
Manche Konferenzen gehen noch einen Schritt weiter und wünschen sich Feedback zu gewissen Themen oder sogar die konkrete Mitarbeit beim Einbringen von Ideen oder Lösungsansätzen. Und auch das ist möglich. Mit einem durchdachten Konzept und Methoden wie der „Ampel-Methode“, „Fast Networking“ oder einem gut gemachten World Cafe ist die „kollektive Intelligenz“ nicht mehr aufzuhalten.

Formate auch mal anders denken
Häufig erleben wir den Wunsch von Veranstaltern, das gesamte Veranstaltungsformat „mal anders“ zu machen. Hier bringen wir gerne unsere Erfahrungen mit Formaten wie BarCamp, Open Space oder Zukunftswerkstätten ein und nicht selten ist aus dem Mix dieser Erfahrungen auch schon mal ein ganz individuelles – auf die Zielsetzung des Kunden maßgeschneidertes – Event geworden.

© MODERATIO 2019, dieser Text wurde teilweise bereits veröffentlicht in managerSeminare