Ist das Facilitator Training,
Moderationstraining ‚auf modern‘?

Eine kurze Antwort von Josef W. Seifert

Eine berechtigte Frage die uns, als professionelle Ausbilder für Moderation und Facilitation, immer wieder gestellt wird lautet etwa so: „Wird man Facilitator, wenn man ein Facilitator Training besucht oder eine Facilitator Ausbildung macht und Moderator oder Moderatorin, wenn man zum Moderationstraining geht oder eine Moderationsausbildung absolviert? Oder ist das Facilitator Training das Moderationstraining ‚auf modern‘?“

Möchte man die gestellte Frage kurz und bündig beantworten, lautet die Antwort schlicht und ergreifend: nein. Ich möchte dies im Folgenden „dreidimensional“ begründen.

Dimension 1: Die Begriffe

Wofür wir im deutschsprachigen Raum den Begriff ‚Moderation‘ verwenden, verwenden Kollegen und Kolleginnen in englischsprachigen Ländern meist den Begriff ‚Facilitation‘. Obwohl Moderation von der Wortbedeutung her für Mäßigen und ‚die Mitte finden‘ steht, Facilitation hingegen für Erleichterung und Förderung, beschreiben beide Begriffe im hier behandelten Kontext, die selbe Tätigkeit.

Insofern ist ein Moderationstraining oder eine Moderationsausbildung dasselbe, wie ein Facilitator Training oder ein Facilitator Curriculum. Entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern der Inhalt und dieser zielt auf dieselbe Tätigkeit ab.

Dimension 2: Die Tätigkeit

Ob man nun Moderation oder Facilitation sagt, gemeint ist im Kern die selbe Tätigkeit. Diesen Zusammenhang habe ich in meinem Blog-Artikel „Moderation versus Facilitation“ bereits erläutert. Was die Begriffe Moderationstraining und Facilitator Training sowie Moderationsausbildung und Facilitator Curriculum angeht, so stehen diese für Qualifizierungsangebote, im Kontext von Moderation. Ein Rückschluss darauf, welche Inhalte wie, vermittelt werden sollen, ist aufgrund des Titels nicht möglich. Man kann lediglich davon ausgehen, dass ein Anbieter, wenn er eine Ausbildung zum Facilitator anbietet, keine Moderationsansätze aus dem deutschsprachigen Raum im Blick hat, sondern sich auf Ansätze aus anderen Ländern beschränkt beziehungsweise auf diese fokussiert. Anbieter von Moderationstrainings hingegen beziehen hiesige Ansätze in aller Regel mit ein oder umgekehrt, fokussieren sich auf deutschsprachige Moderations-Designs, verschließen sich aber den Facilitation-Ansätzen nicht, meist werden Inhalte aus beiden „Welten“ einbezogen. Worauf sich ein Angebot ganz konkret bezieht, läßt sich aus der skizzierten, groben Differenzierung, nicht ableiten.

Gemeinsam haben alle Ansätze jedoch den Fokus auf die Tätigkeit, die man als „Gesprächsmanagements in Gruppengesprächen“ bezeichnen könnte: Präsenz, Online oder Hybrid, mit kleinen, mittleren oder auch (sehr) großen Gruppen. Prägend und allen Ansätzen gemeinsam ist die, diesem Tun zugrunde liegende Haltung, geprägt von Wertschätzung, Allparteilichkeit und dem Bemühen um Hilfe zur Selbsthilfe. Gefragt ist nicht Fach- oder Expertenberatung, sondern Prozessberatung. Eine ausführlichere Besprechung dieses Aspekts, findet sich unter dem Titel: „Moderation & Beratung Synonym oder Oxymoron?“ in diesem BLOG. Unterschiede zwischen Angeboten ergeben sich, wie bereits besprochen, am deutlichsten hinsichtlich der angebotenen Moderationsmethoden, Moderations-Designs oder Moderationsansätze.

Noch eine Randbemerkung zur Qualität von Moderationstrainings oder Trainings allgemein: Mit Angeboten zu Qualifizierungsmaßnahmen, verhält es sich ähnlich, wie mit einer Speisekarte, auch dort gilt: Je größer die inhaltliche Fülle, desto größer die Tendenz zu niedriger Qualität. Häufig ist weniger mehr.

Dimension 3: Die Ansätze

In der Zeit, in der in Deutschland Moderationsdesigns, von der „Moderationsmethode“ über die „SixSteps-Moderation nach dem Moderationszyklus“ bis hin zur „Zukunftswerkstatt“ entstanden sind, entstanden, vor allem in den USA, Ansätze von „Appreciative Inquiry“ über „Open Space“ bis „World Cafe“. Das Moderationstraining und das Facilitator Training, entwickelten sich parallel zueinander.

Wie schon an anderer Stelle erwähnt, hat es daher weniger mit dem Inhalt, der Wortbedeutung oder der Entstehungszeit zu tun, welchen Begriffen im Einzelfall der Vorzug gegeben wird, als vielmehr – über den Aspekt der „Geschmacksache“ hinaus – mit Überlegungen zur Anschlussfähigkeit an die jeweilige Organisationskultur. Es macht durchaus Sinn, die Begriffe zu wählen, die die Akzeptanz für die zu erbringende Beratungsleistung fördern.

Fazit:

Mit der Frage, ob das Facilitator Training das Moderationstraining ‚auf modern‘ ist, verhält es sich ähnlich, wie mit Herrn Tur Tur, Michael Ende’s Scheinriese. Die Besonderheit des Scheinriesen ist, dass er nur in der Ferne ein Riese ist. Je näher man ihm kommt, desto kleiner wird er. Er verliert seine bedrohliche Erscheinung allein dadurch, dass man sich ihm nähert. Auch die Unterschiede zwischen Facilitation und Moderation sowie Facilitator Training und Moderationstraining, werden immer kleiner, je mehr man sich ihnen nähert…

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