Klimaneutrale Moderation oder:
Die eigenen Emotionen managen

von Josef W. Seifert –

Moderieren bedeutet leiten, lenken, unterstützen des Arbeitsprozesses und managen des emotionalen Gruppenprozesses. Und, was meist unter den Tisch fällt: Moderieren bedeutet managen der eigenen Gefühlswelt. Je schwieriger die Situation im Prozess, desto schwieriger auch das „Managen des Moderators, der Moderatorin“.

Wird man etwa persönlich angegriffen, ist man in der Sekunde möglicherweise emotional überfordert und die emotionale ‚Selbst-Steuerung‘ versagt. Man re-agiert aus den eigenen Mustern heraus. Man ‚explodiert‘ und wird ironisch, sarkastisch, schroff. Oder man ‚implodiert‘ und versucht zu verbergen, wie es einem gerade geht. In beiden Fällen verliert man irgendwie den Boden unteren Füßen, die eigene Sensibilität sowohl für sich, als auch für andere und deren Emotionen, für das Ganze, die Gruppe, den Prozess‚ die geforderte Souveränität, die Professionalität, sind erst einmal dahin…

Damit es nicht soweit kommt, ist die wichtigste Nebentätigkeit der Moderatorin, des Moderators – respectively facilitators – daher, das Managen der eigenen Emotionen. Diese Herausforderung besteht sowohl in der „normalen“ Moderation, als auch – und dort ganz besonders – in Teamentwicklung und Konfliktmoderation.

Die „Werkzeuge“, die dafür genutzt werden können, könnte man mit „Abstand“ und „Nähe“ bezeichnen. Was hat es damit auf sich?

Abstand

Der Idealfall wäre, dass man als Moderator soviel inneren Abstand zum äußeren Geschehen hat, dass man auch kritische Äußerungen, zwar wahrnimmt, diese aber keine innere Resonaz erzeugen. Egal, was außen passiert, es bringt einen nicht aus der inneren Mitte. Diese Ruhe und Ausgeglichenheit, dieses „in sich ruhen“, ist allerdings nicht leicht zu erreichen und aufrechzuerhalten.

Hat man diese „innere Reife“ – im entscheidenden Moment – nicht, ist es eine gute Möglichkeit, sich bewusst zu machen, dass das – um es mit René Descartes zu sagen – was Peter über (oder zu) Paul sagt, mehr über Peter sagt als über Paul.

Es kann helfen, dieses Zitat im Kopf zu haben oder soagar auf einer Karte vor sich liegen zu haben oder auf einem Flip-Cart an der Wand. Hat man diese Tatsache präsent, weiß man, dass das was man gesagt bekommt, im Kern, mehr eine Selbstmitteilung des Sprechenden ist, als eine Botschaft an einen selbst.

Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.

Dies schafft einen emotionalen Puffer, einen gewissen Abstand zu dem, was plötzlich und unerwartet auf einen zukommt, gewissermaßen einen „Emotions-Airbag“. Die emotionale Wucht, wird deutlich abgefedert.

Das andere Ende der Skala – idealerweise als Ergänzung – ist es, mit Nähe zu arbeiten, also den gefühlten Angriff auf die innere Mitte, auf die Hörner zu nehmen…

Nähe

Pauschale Aussagen, schroffe Argumentation, verbale Angriffe, die in der Moderation nicht die Regel sind, aber regelmäßig vorkommen, kann man gut mit Kommunikations-Technik begegnen. Die Schritte dazu sind: Nachfragen, Zuhören und Auflösen.

📍 Nachfragen
Durch Nachfragen kann man – und der Aspekt ist nicht zu unterschätzen – schlicht, Zeit gewinnen. Zudem gibt Nachfragen die Möglichkeit, Aussagen zu konkretisieren, Verallgemeinerungen zu relativieren… und nicht zuletzt die Möglichkeit, herauszufinden, welchen Selbstmitteilungsanteil das Gesagte hat.

📍 Zuhören
Zuhören, im Sinne des Aktiven Zuhörens, ist die andere Seite der Medaille. Antworten können weiter präzisiert und in die Tiefe, zum Kern dessen, was gemeint ist, verfolgt werden.

📍 Auflösen
Je klarer herausgearbeitet werden kann, worum es „eigentlich“ geht, desto konstruktiver wird das Gesprächsklima. Ziel der Intervention ist es, konkret verstanden zu haben, worum es im Kern geht und welche konstruktive Aussage es festzuhalten gilt. Je besser dies gelingt, desto stabiler wird das eigene Emotionsmanagement.

Fazit

So wie man in der Moderatorenrolle inhaltlich neutral zu sein hat, also keine eigene Meinung zu den jeweiligen Inhalten zu haben hat, dürfen der Moderator und die Moderatorin auch „keine Gefühle“ haben, weil diese ebenfalls den Arbeitsprozess stören (könnten). Da beides unmöglich ist, bedarf es für Moderation / Facilitation, spezieller Kommunikationstechniken.

Die Emotionen des Moderators dürfen – oder sollen – ebenso, wie dessen Meinung zu den jeweiligen Themen, keinen Einfluss auf das Arbeitsklima und den Arbeitsprozess haben. Der Umgang mit den eigenen Emotionen, ob Freude, Trauer, Unsicherheit, Wut oder Frustration… muss in der Moderatorenrolle, dem Arbeitsprozess geschuldet, „klimaneutral“ sein.

jws

 

PS: Zur leichteren Schreib- und Lesbarkeit, halte ich mich an den Rat für deutsche Rechtschreibung […]

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